Christine Lavant

"Christine Lavant und Klagenfurt"

Im Robert Musil Literatur Museum ist eine Rekonstruktion des Wohn- und Arbeitszimmers der Lyrikerin Christine Lavant zu sehen. Es handelt sich dabei um eine Zusammenstellung originaler Möbelstücke aus jener legendären Mansardenwohnung der Lavant in St. Stefan im Kärntner Lavanttal. Der Raum, welcher in etwa die gleiche Dimension aufweist wie das Originalzimmer, hat sozusagen den Charakter eines Bühnenbildes. Die Objekte wurden - gleichsam als Zitat - in eine abstrakte Umgebung gestellt, sie ruhen auf Metallplatten. Die Exponate wurden - gemeinsam mit dem schriftlichen Nachlaß - vom Land Kärnten angekauft und dem Robert Musil-Institut für Literaturforschung zur Bearbeitung übergeben. Im Wallstein Verlag ist 2020 die folgende Ausgabe erchienen: Christine Lavant: Werke in vier Bänden. Herausgegeben von Klaus Amann und Doris Moser im Auftrag des Robert-Musil-Instituts der Universität Klagenfurt und der Hans Schmid Privatstiftung.

Der Literaturwissenschaftler Klaus Amann hat im Musil Museum Ende Oktober 2023 - gemeinsam mit der Schriftstellerin Andrea Grill (Bild) - auch den folgenden Band vorgestellt: Christine Lavant: "Ich bin maßlos in allem". Biographisches. Ausgewählt und kommentiert von Klaus Amann. Unter Mitarbeit von Brigitte Strasser (Wallstein, 2023).

Freunde berichteten, daß die an Schlaflosigkeit leidende Dichterin oft im Türkensitz auf dem Sofa in einer Ecke der Wohnung gekauert sei. So sei Lavant auch nächtelang gesessen und habe nicht geschlafen, sondern Tee getrunken, Kekse gegessen und geraucht.

Im Jahr 1966 übersiedelte Christine Lavant mit ihrem Hausrat in eine Wohnung, die sich im sechsten Stock eines Klagenfurter Hochhauses befand. Das Experiment scheiterte allerdings bald. Die Dichterin fühlte sich ausgesetzt. 1968 zog Christine Lavant wieder zurück nach St. Stefan, wo sie bis zu ihrem Tod im Jahr 1973 blieb.

Mitte September 2023 ist der folgende Band erschienenen: Seit heute, aber für immer. Gedichte. Ausgewählt und mit einem Nachwort versehen von Jenny Erpenbeck (Wallstein Verlag). 

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Im August 2023 ist der Essay "Jenny Erpenbeck über Christine Lavant" bei Kiepenheuer und Witsch erschienen: "Menschen können gut ohne Gedichte sein, aber ein Gedicht nicht ohne Menschen." Wie kann es sein, dass eine Strickerin aus dem Lavanttal in Kärnten zu einer der größten deutschsprachigen Dichterinnen des 20. Jahrhunderts wird? Das ist nur eine der vielen Fragen, welche die Autorin stellt. Die Schriftstellerin Erpenbeck lässt uns an ihrer Faszination für ihre Schriftstellerkollegin Christine Lavant (1915–1973) teilhaben. 

Christine Lavant wurde als Christine Thonhauser in Großedling im Kärntner Lavanttal geboren. Ihre Mutter Anna (geb. Hans), war Flickschneiderin, ihr Vater Georg Thonhauser war Bergarbeiter. Christine war das neunte und letzte Kind. Von frühester Kindheit an litt sie an verschiedenen ernsten Krankheiten.  Sie konnte nur wenig schulische Bildung erwerben. Die Hauptschule und eine Haushaltungsschule im Kloster Hochstraß musste sie nach kurzer Zeit abbrechen. Im Alter von zwölf Jahren wurde Lavant einer riskanten Behandlung mit Röntgenstrahlen unterzogen, die zwar erfolgreich gegen die lebensbedrohliche Tuberkulose war, aber chronische Nebenwirkungen verursachte. 

1933 Im November dieses Jahres konnte sie ihre erste Publikation verzeichnen. Die Gedichte "Verstehen" und "Herbst" erschienen in einer Ausgabe der "Unterkärntner Nachrichten", einer Wochenzeitung.

1939 bis 1945 Beschäftigung mit religiöser, mystischer und philosophischer Literatur. Die Dichterin ist sehr beeindruckt von der Lyrik Rainer Maria Rilkes.

1945 Über das befreundete Ehepaar Purtscher aus Klagenfurt gelangen ihre Arbeiten zuerst zu der Dichterin Paula Grogger und dann zu deren Verleger Viktor Kubczak. Dieser erkennt die Qualiät der Texte und rät der Dichterin, das Pseudonym "Lavant" - nach dem Lavanttal - zu verwenden. Kubczak publiziert ab 1948 Werke der Dichterin in seinem Brentano-Verlag in Stuttgart, unter anderem die Erzählung Das Kind sowie den Gedichtband Die unvollendete Liebe.

1950 Bei einer Lesung anläßlich der St. Veiter Kulturtage kann Christine Lavant auf sich aufmerksam machen. In St. Veit lernt sie auch den Maler Werner Berg (1904-1981) kennen, mit dem sie bis ans Lebensende eine enge persönliche Beziehung verbindet, die zu gegenseitiger künstlerischer Beeinflussung führt.

Bei der Verleihung des Georg-Trakl-Preises (1954) lernt Christine Lavant den Salzburger Verleger Otto Müller kennen, der ihr Werk dann schwerpunktmäßg betreut. Seit damals verbindet sie auch eine Freundschaft mit Ludwig von Ficker, dem Herausgeber der Literaturzeitschrift "Der Brenner".

Seit Mitte der fünfziger Jahre verkehrt Christine Lavant auf dem "Tonhof" des Komponisten Gerhard Lampersberg und seine Frau Maja, einem geistigen und kulturellen Zentrum im Kärnten der fünfziger Jahre. Dort trifft die Dichterin unter anderem auch auf den jungen Thomas Bernhard.

Mit dem Gedichtband Die Bettlerschale (1956) gelingt Lavant der literarische Durchbruch. Sie erhält den Staatlichen Förderungspreis für Lyrik und den Lyrikpreis der Zeitschrift Neue deutsche Hefte. Auf Einladung des St. Georg Klosters in Istanbul unternimmt Lavant 1957 eine Reise dorthin.

1961 Wirf ab den Lehm (Gedichte und Erzählungen) erscheint im Stiasny-Verlag Graz. Im gleichen Jahr erhält Lavant zum zweitenmal - nach 1956 - den Staatlichen Förderungspreis für Lyrik. 1962 Der Pfauenschrei (Gedichte und Erzählungen).

1964 Tod des Ehemannes Josef Habernig. Im Landeskrankenheim Klagenfurt schließt Christine Lavant Freundschaft mit dem behandelnden Arzt, Primarius Dr. Otto Scrinzi. Im gleichen Jahr erhält sie zum zweitenmal den Georg-Trakl-Preis sowie den Anton-Wildgans-Preis der Österreichischen Industrie.

1966 bis 1968 Christine Lavant übersiedelt für zwei Jahre in eine Wohnung nach Klagenfurt, kehrt im Jahr 1968 aber wieder nach St. Stefan zurück.

1970 Lavant erhält den Großen Österreichischen Staatspreis für Literatur. Nach mehreren Krankenhausaufenthalten stirbt Christine Lavant am 7. Juni 1973 nach einem Schlaganfall im Krankenhaus Wolfsberg.

Werkausgabe im Wallstein Verlag

Christine LAVANT: Das Kind. Herausgegeben nach der Handschrift im Robert-Musil-Institut und mit einem editorischen Bericht versehen von Annette Steinsiek und Ursula Schneider. Mit einem Nachwort von Christine Wigotschnig, Salzburg-Wien: Otto Müller Verlag, 2000. 

Christine LAVANT: Das Wechselbälgchen, herausgeben und mit einem Nachwort versehen von Annette Steinsiek und Ursula Schneider, Salzburg: Otto Müller Verlag, 1998. 

Christine LAVANT: Herz auf dem Sprung. Die Briefe an Ingeborg Teuffenbach, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Annette Steinsiek, Salzburg: Otto Müller Verlag, 1997. 

Christine LAVANT: Die Schöne im Mohnkleid. Erzählung, herausgegeben von Annette Steinsiek, Salzburg: Otto Müller Verlag, 1996. 

Christine LAVANT: Kunst wie meine ist nur verstümmeltes Leben. Nachgelassene und verstreut veröffentlichte Gedichte. Prosa. Briefe, ausgewählt und herausgegeben von Armin Wigotschnig und Johann Strutz, Salzburg: Otto Müller Verlag, 1978. 

Christine LAVANT: Nell. Vier Geschichten, Salzburg: Otto Müller, 1969. 

Christine LAVANT: Der Pfauenschrei. Gedichte, Salzburg. Otto Müller: 1962. 

Christine LAVANT: Wirf ab den Lehm, Graz und Wien: Stiasny Verlag, 1961. 

Christine LAVANT: Spindel im Mond. Gedichte, Salzburg: Otto Müller, 1959. 

Christine LAVANT: Die Bettlerschale. Gedichte, Salzburg: Otto Müller, 1956. 

Profile einer Dichterin, herausgegeben von Arno Rußegger und Johann Strutz, Salzburg: Otto Müller-Verlag, 1999 (= Beiträge des zweiten internationalen Christine-Lavant-Symposions in Wolfsberg).

Die Bilderschrift Christine Lavants, herausgegeben von Arno Rußegger und Johann Strutz, Salzburg: Otto Müller-Verlag, 1996 (= Beiträge des ersten internationalen Christine-Lavant-Symposions in Wolfsberg).